Lasst uns unsere Wunden lecken

Meine lieben Leser,

wir alle, alle, alle, alle haben Wunden im Laufe unseres Lebens erlitten. Es gibt dabei keinen Unterschied, ob sie groß oder klein sind. Sie schmerzen- mehr muss man nicht wissen. Viele werden uns bereits in unserer Kindheit zugefügt, andere treffen uns im Jugendalter und auch später sind wir nicht immun. Ein menschliches Leben ohne diesen seelischen Schmerz wurde noch nicht erfunden. Das ist die Ausgangssituation, damit lohnt es sich nicht zu hadern.

Es gibt Leute, die ihr Schicksal zelebrieren und keine Gelegenheit auslassen es zu präsentieren, auszuschlachten und sich dafür beklatschen zu lassen. Diese haben andere Sorgen als die offensichtlichen. Es gibt aber viele Menschen mehr, die nicht darüber sprechen, nicht darüber nachdenken, es manchmal nicht mal mehr wissen, dass sie einmal gelitten haben und dass diese Sache noch nicht ausgestanden ist. Es geht nicht darum Probleme zu suchen, die nicht da sind, sondern jene zu enttarnen, an die wir uns gewöhnt haben.

Wir tragen Trauer im Herzen und wollen uns nicht mehr binden, wir können keine Liebe zulassen oder mögen uns selbst nicht besonders. Wir haben Ängste, die andere nicht verstehen, Gedanken, die keiner kennt oder Schuldgefühle. So sind wir eben, denken wir. Damit muss man leben, sagen die anderen. Und ich sage: Das stimmt nicht. Wir können uns entscheiden all diese Dinge anzunehmen, aber nicht sie hinzunehmen. Es ist in Ordnung das Schweigen zu brechen, sich damit zu beschäftigen und anderen davon zu erzählen. Sie werden es schätzen und von sich berichten. Es ist okay die eigenen Wunden zu lecken und wie ein Kind zu weinen, wie ein Geisteskranker zu schreien oder tagelang zu schlafen. Was hilft ist erlaubt. Es handelt sich dabei nicht um ein Ertrinken in Selbstmitleid, sondern um unseren Gefühlszustand, über den niemand wagen kann zu urteilen.

Es wird zu viel unterdrückt, zu viel übergangen, zu viel beurteilt. Dabei kann nichts anderes herauskommen als die Weitergabe unseres Schmerzes. In unserer Auseinandersetzung sollten wir auch jene Menschen betrachten, die uns unser Leid zugefügt haben. Warum haben sie das getan, bewusst oder unbewusst? Weil sie ihn selbst in sich trugen. Es gilt sich zu versöhnen, irgendwann. Und darüber nachzudenken, ob nicht auch wir schon Dinge getan haben, die einen anderen Menschen negativ begleiten werden und ob nicht die Möglichkeit bestünde ihn anzurufen, in der nächsten Minute, und zu sagen: Es tut mir Leid.

Eure Cali